A - Achtziger Jahre
Diese Musikepoche ist prägend für die Entwicklung der Düsterszene. Von Medien und Managern wurde in dieser Zeit erstmals der Begriff "Gothic" geprägt (Anthony Wilson, Man. of Joy Division). Punk war die wichtigste Strömung, die die neue dunkle Musik beeinflusste. Aus dem (Düster-) Punk entwickelte sich Gothic-Rock, frühe Vertreter waren Bauhaus, Siouxie & The Banshees, Joy Division und später Sisters of Mercy und The Cure. In dieser Zeit entstand die Subkultur der Gruftis. Jugendliche, die sich in der vom Kapital dominierten Gesellschaft abseits fühlten, kehrten das Übel ihrer Zeit nach außen, kultivierten es auf ihre Weise, rebellierten und feierten den Abgrund der Welt.
B - Bedeutung
Fragt man einen Gruft, weshalb er ausgerechnet Schwarz trägt, hört man meist, daß zu dieser Lebenseinstellung bunt einfach nicht passt. Ihre Liebe gilt der Finsternis, doch nicht unbedingt auch deren Schrecken. Sie beschäftigen sich mit den verschiedensten Erscheinungsformen des Todes, doch nicht um ihn zu verherrlichen. Gruftis nehmen nur alles etwas intensiver wahr, messen allem etwas mehr Bedeutung bei, als andere es tun.
Zerfall von Religionen, Freundschaft, Todeserlebnisse und die Kommerzialisierung der Musik sind Themen für nächtliche Diskussionen in Gruftikreisen. Schwarze Klamotten und eine bestimmte Musikrichtung machen noch keinen Gruft. Inhaltliche Werte, wie Ästhetik- und Kunstempfinden, sind der Romantik-Bewegung des 19. Jahrhunderts entlehnt.
C - Carpe Noctem
Tatsache ist, dass Gruftis Nachtmenschen sind und ihren Lebensstil im Dunkeln mit aller Konsequenz ausleben. Schwarzgewandet und bleich geschminkt finden sie sich in Szene-Clubs oder Irish Pubs zusammen, um den Alltag mit seinen Anfeindungen hinter sich zu lassen, Erfahrungen auszutauschen, über die neusten Top Ten zu lästern und zur eigenen Musik zu tanzen. Obwohl natürlich der gruftigste Gruft gar nicht tanzen dürfte, schon wegen des Transpirierens, wird eigentlich gern und viel getanzt.
D - Dark Wave
Stellt eine der ausgeprägtesten und ältesten Musikrichtungen der Grufti-Bewegung dar. Aktuelle Vertreter sind, z.B. Clan of Xymox oder Deine Lakaien. Ableger dieser Kategorie ist die EBM (Electronic Body Music) oder Electro-Musik, welche gewöhnlich tanzbarer und rhythmischer als Gothic ist. Auch optisch ist der EBMer zu erkennen. Unter den Anhänger dieser Richtung finden sich die Lack- und Lederoutfits aller Variationen.
E - Epochen
Allgegenwärtig im Alltag des Gothic ist das Mittelalter. Ein Zeitalter mit Mythen und Legenden, in dem der Tod täglich zum Leben gehörte (Pest etc.). Neben Barock und Renaissance sind besonders der Gotik viele Ideen und Schönheitsideale entliehen. In der Romantik fand eine Rückbesinnung zu den Idealen der Gotik ihren Anfang. Werke Eschenbachs oder Walter von der Vogelweide wurden wiederentdeckt. In Zeiten des industriellen Fortschritts besann sich die Kunst auf längst vergangene Zeiten, um so der Wirklichkeit zu entfliehen. Man kann die Grufti- und Gothicbewegung als Fortführung dieser Bewegung betrachten. Auch das Schönheitsideal der vornehmen Blässe und prunkvollen Kleidung ist dieser Zeit entlehnt.
F - Farben
Obligatorisch ist Schwarz als Farbe der Trauer, Resignation und edler Bescheidenheit. Vor allem Gewänder aus Barock, Renaissance und Mittelalter zeigen sich farbenfroher, da hier die Machart bereits Abspaltung vom normalen Outfit signalisiert. Als gruftige Farben gelten ferner Rot, dunkle Grün- und Blautöne, Violett und Weiß als Farbe des Todes. Sinn des auffallenden Äußeren ist die Optische Ablehnung des "Happy Life", das mit bunten Sachen und schrillem Styling ewige Jugend als Lebensziel proklamiert.
G - Gothic / Grufti
Zur Begriffserklärung: Wenn man sich selbst oder die Szene als "Gruftis" bezeichnet, ist das nicht mehr als der Versuch, der Außenwelt überhaupt einen Begriff zu geben und diese Bewegung deutlich von den Satanisten abzugrenzen. Eigentlich sind die wirklichen "Gruftis" jetzt fast Vierzig, denn dieser Begriff bezeichnete die Anhänger der Düsterszene Anfang der 80er Jahre. Da gab es Gruftis, Waver und Punks, fein säuberlich voneinander getrennt. Punks gibt's auch heute noch, aber Waver sind eine vom Aussterben bedrohte Rasse und aus deren Überlebenden und den Kindern der Gruftis wurden nach einer langen Zeit die Gothics. Benannt nach dem dazu passenden Musikstil, der recht ruhige, melancholische Klänge beinhaltet. Natürlich tragen sie immer noch Schwarz und lieben hoch(!)toupierte Haare, doch es sind einige Accessoires mehr dazu gekommen. Das Styling orientiert sich mehr denn je am Mittelalter
H - Halloween
Der beliebteste gruftige Feiertag. Am Abend vor Allerheiligen finden die Geister der Toten zurück auf die Erde, wo die Menschen feiern und Krach machen, um sie für das nächste Jahr wieder zu vertreiben. Dem Goth fällt die Kostümfindung für diesen Anlass nicht schwer, finstere Outfits finden sich zur Genüge in seinem Schrank und an diesem Tag finden sie auch überall positiv Beachtung. Die Ursprünge dieses Festes liegen in Irland, wo die Kelten ihren Jahreswechsel an diesem Datum feierten. Die Kürbisslaternen zur Geistervertreibung kamen mit der Auswanderung vieler Iren nach Amerika zustanden, da die Kürbisse billig waren.
I - Industrial
Industrial ist ein Ableger der EBM, der sich stilistisch zwischen Electro und Techno bewegt. Die Klänge sind denkbar hart, aber rhythmisch und meist ohne Gesang. Anhänger von EBM sind meist auch Industrial-Fans, daher ist das Styling ähnlich.
J - Junggruftis
Szeneeinsteiger. Viele finden über die Musik zur Düsterszene. Manche durchleben eine gruftige Phase und wenden sich dann anderen Dingen zu. Andere finden über die Musik auch zu inhaltlichen Werten und bleiben der Szene treu, wenn sie sich mit diesen identifizieren können.
K - Kunst
Gothics haben keine spezielle eigene Kunst, obwohl viele Leute dieser Szene sich selbst musikalisch, dichterisch oder malerisch verwirklichen. Es gibt Anhänger romantischer Kunst, wie den Bildern von Caspar David Friedrich, ebenso wie Liebhaber der Pop Art. Doch vermutlich hat die apokalyptische Kunst von Giger oder Floria Sigismondi nirgendwo sonst so viele Freunde. Andere bekannte Vertreter dieser Thematik sind Dali, Kafka, Goya und de Sade. All diese Künstler verarbeiten in ihren Werken die dunklere Seite des menschlichen Wesens, ohne dabei Todessehnsüchte zu predigen.
L - Literatur
Des Gothics Lieblingsdichter ist vermutlich meistens er selbst, da fast jeder schon eigene Gedichte verfasst hat. Gelesen werden aber auch Nicht-Gruftis, wie Novalis, Goethe, Kafka, Nietzsche, Clive Barker, Steven King und nahezu jeder kennt die Chronik der Vampire von Anne Rice.
M - Musik
Ein großer Streitpunkt, denn richtige Gruftis hören Metal. Doch Metal hören eigentlich die wenigsten wirklich gern und oft. Wichtige These also: Metaller unter den Goths sind eine Minderheit, weil es dazu die passende eigene Szene gibt. Knackpunkt sind die Texte. In allen Musikrichtungen der Düsterszene werden Themen wie Liebe, Tod, Macht, Sex aber auch Gesellschaftskritik verarbeitet.
N - Neofolk
Neofolk bezeichnet sehr ruhige, fast folkloreähnliche Klänge. Künstler aus diesem Bereich geraten oft in Kritik, da sie sich mit heidnischen Bräuchen beschäftigen und dies auch immer wieder betonen. Charakteristisch ist das Auftauchen von Runen, keltischen Symbolen und vorchristlicher Symbolik. Die Künstler, wie auch die Musik, sind sehr naturverbunden.
O - Okkultismus
Das Phänomen, das Jugendliche zu allen Zeiten beschäftigt, hat seine kundigsten Fachleute in der Gothic - Szene. Neben dem allseits beliebten Gläserrücken findet hier jegliche Variante Interessenten, die sich intensiv damit beschäftigen, ob nun als Hexen und Meister oder einfach wissbegierige Leser entsprechender Lektüre. Die Ursprünge heutiger Religionen liegen in den Brauchtümern der Heiden. Besonders die Dreifaltigkeit der Jungfrau, der Mutter und der Hexe ist ein immer wiederkehrendes Symbol. In der Düsterszene werden die Symbole der verschiedensten Religionen und Weltanschauungen zur Schau getragen. Während viele zurückschrecken, wenn sie sich Pentagrammen gegenüber sehen, tragen Gothics das Zeichen weißer und schwarzer Magie als Schmuck. Ebenso wie sie Kreuze beider Varianten tragen. Umgedreht, nicht als Symbol Satans, sondern als Ablehnung der christlichen Religion und richtig herum als vorchristliches Symbol und Schmuck.
P - Patchouli
Aus dem aromatischen Kraut der asiatischen Patchouli-Pflanze wird vor allem in den Herkunftsländern mittels Wasserdestillation ein ätherisches Öl gewonnen, welches in China und Japan als Insektizid und Antiseptikum genutzt wird. Das Öl wirkt bei diversen Verletzungen und Krankheiten, Hautunreinheiten und psychischen Problemen. Der Duft hat den angenehmen Nebeneffekt, Motten zu vertreiben und haftet vielen Anhängern der Düsterszene als Parfüm an. Letzteres auch, weil mit Hilfe dieses Öles Nagellack und Tinte viel schneller trocknen. Außerdem liebt die Szene schwere, erdverbundene Düfte mit leicht benebelnder Wirkung.
Q - Quote
Eine kleine Statistik: Niemanden wird der derzeitige Auftrieb der Szene entgangen sein. Da viele über die Musik zur Szene finden, liegt das größtenteils an der aktuellen Medienwirksamkeit der Dark Rocker. Den größten Anteil hat die Gothic-Bewegung in Deutschland, da hier noch immer am besten organisiert wird und vor allem im Osten Anlaufstellen und Szenetreffs im Überfluss vorhanden sind. Viele Anhänger finden sich auch in Großbritannien, Spanien, Italien, Frankreich und Japan. Die Altersgruppe 20 bis 30 ist am häufigsten vertreten.
R - Religion
Wenn sich sicher meist Atheisten unter den Gothics finden, sind sie den verschiedenen Religionen nicht grundsätzlich abgeneigt. Viele haben ihren Glauben für sich allein gefunden, einigen gehören Religionen an. Beispielsweise Tilo Wolf (Lacrimosa) gibt Pfingstsonntags kein Konzert, da er an diesem Tag in seinem Heimatort die Messe besucht. Viele andere wenden sich jedoch heidnischen Glaubenstraditionen zu, die mit der Christianisierung dämonisiert wurden.
S - Satan
Satanismus ist nach wie vor das bekannteste Klischee im gruftigen Alltag. Die Introvertiertheit der Anhänger hat dazu geführt, dass ihr Bild weitestgehend durch die Medien geprägt wurde, die gern Satanisten und Gruftis in einem Zuge nennen und so Verwirrung stiften. Es ist ja eindeutig, dass Goths umgekehrte Kreuze, Pentagramme und keltische Dreifaltigkeitssymbole tragen. Ratten und Mäuse sind sicher auch nicht die normalsten Haustiere. Doch das daraus geprägte Bild in der Öffentlichkeit ist nicht zutreffend.
T - Tatsächlich
Unterschiede zum Satanisten: Für gewöhnlich verstehen Gothics unter "Session" eine besondere Art Feier, die von Diner-For-One zu einer begrenzten Anzahl von Personen reicht. Im Grufti-Zimmer oder in der freien Natur findet man sich bei Kerzenschein, Wein und ruhiger, melancholischer Musik zusammen, um gemeinsam zu schweigen oder über das Sein zu philosophieren. Diese nächtlichen Aktionen können, wenn man darf, auch auf Friedhöfen stattfinden. Dabei werden keine Gräber geschändet oder Totenruhe gestört. Es ist einfach die besondere Atmosphäre des Ortes, der die Grufts anzieht, da sie eine wesentlich ungezwungenere Einstellung zum Tod als die meisten anderen Menschen haben.
U - Underground
Mittlerweile ist die Düsterszene zwar eine nicht zu ignorierende Größe geworden, aber dennoch bleibt sie Subkultur. Eine breite Anhängerschaft, wie zur Zeit, gab es zuletzt Anfang der Achtziger zu Beginn dieser Bewegung. So haben sich mit leichtem Hauch von Kommerz auch einige Veranstaltungen um die Szene herum gebildet, die von ihr leben. Wichtigstes Ereignis im Gruftjahr ist das Wave Gotik Treffen in Leipzig.
V - Vampire
Vampire faszinieren den Menschen schon seit Jahrhunderten. Die ersten wissenschaftlichen Dokumente sind im Mittelalter zu finden, doch der Glaube ist vermutlich noch wesentlich älter und in sämtlichen Kulturkreisen zu finden. Vampire symbolisieren Unsterblichkeit und Mordlust und Gothics symbolisieren die Vorstellungen vampirischer Ästhetik. Viele Gruftis sehen aus wie die fleischgewordenen Figuren aus den Vampirgeschichten. Denn sie verbindet eine Schönheitsvorstellung mit diesen Wesen: androgynes Äußeres, vornehme Blässe, edle schwarze Gewänder und die Liebe zur Nacht. Blutdurst gehört jedoch nicht zu den Gemeinsamkeiten! Vielmehr ist der Vampir als Ausgestoßener der Gesellschaft Identifikationsfigur für das Selbstempfinden der Goths.
W - Wein
Aus Gründen der Ästhetik ist Wein in seinen verschiedensten Varianten das beliebteste Szenegetränk. Besonders begehrt ist der Honigwein Met, mit dem man sich kulinarisch ins Mittelalter begeben kann. Auch hier gibt es für jeden Geschmack etwas: lieblich oder herb. Auf der Beliebtheitsskala folgen Weiß- und Rotwein in dieser Reihenfolge. Im Vergleich kommt dem sonst so beliebten Bier eher die Rolle des Alltagsgetränkes zu.
XY - Die Unbekannte
... ist in diesem Fall der Mensch, denn während die Eltern von Gothics in der schwarzen Gestalt am Mittagstisch immer noch den Sohn oder Tochter sehen, fällt es der Außenwelt schwer es so zu sehen. Doch eben diese Tatsache sollte man nicht vergessen: hinter den weiß geschminkten Gesichtern stecken Menschen. Diese Menschen sind bewußt anders als die breite Masse der Gesellschaft und haben ihre Eigenarten, aber trotzdem kann man mit ihnen reden und versuchen sie zu verstehen. Die Toleranz der Düsterszene ist einzigartig, wenn auch sicher nicht vollkommen. Und alles, was sie selbst dafür will, ist Akzeptanz und die Möglichkeit, ihre Eigenarten zu erhalten und zu pflegen.
Z - Zeitschriften
Zillo, Orkus und Sonic Seducer heißen die größten und bekanntesten Szeneblätter in Deutschland. Darüber hinaus ist regional eine Vielzahl anderer Szene - Magazine und Fanzines zu finden, die sich auf bestimmte Bereiche (musikalisch oder lebensanschaulich) spezialisieren.
Quelle LVZ